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Rollipop Talentschmiede

Konzeption

1. Einleitung

Fakt ist: Menschen mit komplexer Behinderung, die in der Lage sind, umfassend und über die Artikulation von Grundbedürfnissen weit hinausgehend unterstützt zu kommunizieren, finden in der Regel keine begabungsgerechte und damit zufriedenstellende Beschäftigung, die eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit durch Selbstwirksamkeit ermöglicht, da sie ihre Zeit meist in der in Fördergruppen von Werkstätten mit Behinderung verbringen.

Aufgrund der starken motorischen Einschränkungen (meist liegt als Diagnose eine starke Tetraplegie/ Dysarthrie vor) werden sie nicht im Produktionsbereich der Werkstätten eingesetzt, die aufgrund des Nicht-Sprechen- Könnens oft nur rudimentären schriftsprachlichen Kenntnisse reichen für den Bürobereich ebenfalls nicht aus.

Die Fähigkeit, unterstützt zu kommunizieren und als Experte in eigener Sache über ihr elektronisches Kommunikationssystem zu berichten, Tipps zur Förderung zu geben und vor allem als Modell für gelungene Kompensation eingeschränkter Lautsprache zu fungieren kann im Arbeitsfeld WfbM in nur geringem Maße zum Einsatz kommen. Dennoch ist es der große Wunsch dieser Zielgruppe, genau in diesem begabungsgerechten Tätigkeitsbereich aktiv zu werden.

Dies ist der Ansatzpunkt für das Rollipop Projekt „Talentschmiede“:
Sechs Menschen der oben beschriebenen Zielgruppe werden über 2 Jahre hinweg gemeinsam und individuell gefördert, um Kompetenzen zu erwerben, an Beratungen und Fortbildungen im Bereich „Unterstützte Kommunikation“ aktiv teilzuhaben, indem sie je nach individuellen Lernvoraussetzungen Fachmodule bei Fortbildungen übernehmen bzw. in Beratungen fachliche Aspekte gezielt in Gespräche mit Betroffenen bzw. schulischen und familiären Bezugspersonen einbringen.

Dies geschieht über Bildungsveranstaltungen mit unterschiedlichen Formaten:

2. Formate des Projektes

2.1 Casting

Das Projekt startet im Frühsommer 2019 mit einem vierstündigen „Casting“ mit Einzelgesprächen und gemeinsamen Aktivitäten der Interessenten, sowie einem ersten Überblick über den geplanten Projektverlauf. Außerdem soll die Motivation und die Eignung der Kandidaten zur Teilnahme am Projekt eruiert werden und eine erste Einschätzung der kommunikativen Kompetenzen erfolgen. Bei mehr als sechs Interessentinnen und Interessenten erfolgt die Auswahl durch das Leitungsteam (siehe unten)

2.2. „Kickoff“- Wochenende

Nach der Auswahl erfolgt ein dreitägigen „Kick-off“- Wochenende, bei dem individuelle Lernvoraussetzungen, kommunikative Kompetenzen und Modalitäten (insbesondere betr. Einsatz des Sprachcomputers) geklärt werden, ein detaillierter Überblick über das Projekt vermittelt wird und die Teilnehmer ihre persönlichen Stärken beschreiben sowie eine erste Auswahl der ersten UK- spezifischen Module für die Bildungsmaßnahme erfolgt. Besonderer Wert in dieser „Forming“- Phase der Lerngruppe auch auf den Aspekt „Kooperation“ gelegt. Im letzten Teil des Wochenendes geht es bereits um eine erste Einführung in ein Fachmodul.

2.3 Format „Tagesseminare“

Im Verlauf des zweijährigen Projektes, bei dem die konkreten Termine mit allen Beteiligten vereinbart werden, wird es 10 Tagesseminare geben, die (wegen der evtl. längeren Anreise) von 10-16 Uhr i.d. R. samstags durchgeführt werden, um keine Befreiung vom Arbeitstag in der WfbM erforderlich zu machen. Diese Seminare finden an einem barrierefreien Tagungsort in Köln statt. Inhalte können auch die Teilnahme an einer Fortbildung und die Hospitation an einer Förderschule für Körperliche und motorische Entwicklung (dann NICHT samstags) sein.

2.4 Format „Webinar“

An vier zu vereinbarenden Terminen findet ein Webinar, also ein Internetseminar statt, in dem die Gruppe von zu Hause aus lernt. Der Referent führt zu einem Fachthema ein (einschl. Pause) vier-stündiges Seminar durch, zu dem „live“ in der Gruppe diskutiert wird.

2.5 Format „Bildungswochenende“

An zwei weiteren Wochenenden (zur Mitte des Projektzeitraums und zum Abschluss des Projektes) wird von Freitagsabends bis Sonntagnachmittags in einer barrierefreien Jugendherberge intensiv an den Themen (siehe 4. Individualziele) gearbeitet.

3. Personal

Der Rollipop e.V. hat über mehr als 20 Jahre eine hohe Expertise im Freizeitsektor für Menschen mit komplexer Behinderung erworben. Im Rahmen von zahlreichen Talkercamps wurden Erfahrungen mit unterstützt sprechenden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gemacht.

Das Referententeam in diesem Projekt arbeitet multiprofessionell und besteht aus Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen sowie Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, die eine Expertise im Bereich Unterstützte Kommunikation als Referentin/ Referent für UK aufweisen und über langjährige UK- Praxis verfügen.

Zum Referentinnenteam gehört eine Erziehungswissenschaftlerin mit Masterabschluss, die ebenfalls unterstützt kommuniziert.
Sämtliche Vergütungen im Rahmen des Projektes erfolgen auf Honorarbasis.

Jede Teilnehmerin bringt falls nötig eine Assistentin/ einen Assistenten mit, die/ der für die Pflege sorgt.

4. Individualziele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Die konkreten Ziele für die Teilnehmenden des Projektes sind:

Diese Ziele sind in einem Projektzeitraum von 2 Jahren mit individueller Ausprägung realistisch erreichbar.

5. Zeitplan für die Umsetzung des Projektes

6. Barrierefreiheit

Alle Teilnehmenden haben eine komplexe Körper-, Lernbehinderung/ leichte geistige Behinderung sowie eine Kommunikationsbehinderung, da sie sich mit elektronischen Kommunikationshilfen (Talker) verständigen. Insofern ist das gesamte Projekt absolut barrierefrei ausgelegt:
Seminarräume sind barrierefrei einschl. Sanitäranlagen
Zugänglichkeit zu Präsentationsmedien (ipad, apple tv) wird gewährleistet, notwendige Visualisierungen (Farbdrucker) sind gewährleistet, knowhow zu allen genutzten elektronischen Kommmunikationshilfen hat das Referentinnenteam.

7. Evaluation/ Veröffentlichung der Ergebnisse

Die Zwischenergebnisse und Ergebnisse des Projektes werden auf der Homepage des Rollipop e.V. veröffentlicht. Im Rahmen von Artikeln in der Fachzeitschrift "Unterstützte Kommunikation" sowie im Blog der Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation wird ebenfalls berichtet; dort findet auch ein Austausch über Einsatzmöglichkeiten der Projektteilnehmer bei Fortbildungen statt.

Weitere Veröffentlichungen über den Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen und andere Medien sind geplant.